Bergener in Ottendorf-Okrilla
Unterdessen hat das zweite Jahr nach den geplanten großen Feierlichkeiten zu 30 Jahren Deutscher Einheit in Ottendorf-Okrilla begonnen. Zeit für einen weiteren Rückblick.
Die Stadt Bergen hat den Tag der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober in Ottendorf-Okrilla gefeiert. Als Geschenk für den 3.10. nahm die Delegation ein gebrauchtes Feuerwehrfahrzeug und eine elektrische Schreibmaschine für die Gemeindeverwaltung mit. Rainer Prokop, der von Anfang 1998 bis Oktober 2019 Bürgermeister von Bergen im Landkreis Celle war, erinnert sich:
Persönliche Erinnerungen an das historisches Ereignis in Ottendorf-Okrilla 1990
zum 30. Jahrestag der Wiedervereinigung Deutschlands
“Nun ist es amtlich. Die Stadt Bergen wird den Tag der deutschen Wiedervereinigung am 3.
Oktober in Ottendorf-Okrilla begehen und feiern.” So berichtete eine Bergener Zeitung am
2.10.1990.
Unter Verzicht auf ein eigenes Fest folgten damit Abordnungen des Rates, der Verwaltung
und der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr einer Einladung des damaligen Bürgermeisters
Lothar Menzel, an dem großen Freudenfest dort teilzunehmen. Auch ich gehörte als
damaliger Stv. Stadtdirektor von Bergen mit zu den Glücklichen, die dabei sein konnten.
Glücklich war ich auch deshalb über das Ereignis, weil die deutsche Teilung meine eigene
Familie stark betroffen und geteilt hatte - aber das ist eine eigene Geschichte.
Als Geschenk für den 3.10. nahm unsere Delegation ein gebrauchtes Feuerwehrfahrzeug und
eine elektrische Schreibmaschine für die Gemeindeverwaltung mit.
Die Feierlichkeiten in Ottendorf-Okrilla selbst waren von Freude, Aufbruchstimmung und
sehr guten Begegnungen stark geprägt. Freundschaften, die im Jahr seit der Grenzöffnung
zwischen “Ost und West” entstanden sind, wurden vertieft, neue geschlossen.
Überhaupt, Offenheit und Gastfreundschaft der Menschen von Ottendorf-Okrilla, aber auch
deren Gäste waren beindruckend. So fanden die Darbietungen der örtlichen Vereine und der
Gastvereine während der Feiern großen Zuspruch. Es war insgesamt ein starkes
Festprogramm, dem Ereignis angemessen und würdig.
Zu meinen Erinnerungen an diesen denkwürdigen Tag gehört aber auch die Zeit seit der
Grenzöffnung 1989 untrennbar dazu.
Kommunalpolitiker aus Ottendorf-Okrilla wollten sich vor Ort ein Bild von der Arbeit in
einem frei gewählten Gemeindeparlament und der dazu gehörenden Verwaltung machen. Was
lag da näher, als die schon seit 30 Jahren bestehende Verbindung der evangelischen Kirchen
in beiden Orten zu nutzen. Bereits Mitte Februar 1990 besuchten daher der damalige
Bürgermeister Jürgen Böhme, der Vorsitzende der Gemeindevertretung Günter Enge, Karl-
Heinz Wiek und Eberhard Menzel unsere Kleinstadt Bergen und informierten sich umfassend
über unsere Kommunalpolitik, Wirtschaft und Gesellschaftsleben in den Vereinen und
Verbänden.
Und nach den Wahlen im März 1990 nutzten 16 neu gewählte Vertreter aus allen im Rat
vertretenen politischen Gruppierungen unter Leitung des neu gewählten Bürgermeisters
Lothar Menzel einen mehrtägigen Besuch in Bergen, um sich zu informieren und
auszutauschen. Ich denke, beide Seiten haben dabei sehr viel voneinander gelernt. Es war eine
ganz besondere Zeit mit ganz besonderen Herausforderungen, insbesondere natürlich für die
Menschen und Partner in Ottendorf-Okrilla.
Sehr gern und hochmotiviert sind alle an diese Herausforderungen herangegangen und die
Bergener haben im Rahmen der Möglichkeiten Ottendorf-Okrilla auf dem Weg begleitet und
auch hoffentlich ein wenig helfen können. Austausch von Verwaltungsmitarbeitern und Beteiligungen an gesellschaftlichen Ereignissen sind dabei nur der sichtbare Teil der
gegenseitigen Bemühungen. Besonder gefreut haben wir uns auch über die Bennung einer
Straße als „Bergener Ring“ im neuen Gewerbegebiet von Ottendorf-Okrilla.
Manchmal sind es gerade die kleinen Ereignisse am Rande, die das Besondere an einer
Situation unterstreichen. So erhielten wir im Rathaus Bergen im August 1991 folgende
Nachricht: „Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir ab heute per Fax zu erreichen
sind“. Meine Antwort: „Ihr Fax haben wir deutlich lesbar erhalten. Herzlichen Glückwunsch.“
Diese kleine Begebenheit zeigt auf, wie schwierig der Anfang schon wegen fehlender
Infrastruktur war, aber auch, wie es zuerst mit kleinen Schritten immer vorwärts und aufwärts
ging. Das galt auch für die Reisen bei den gegenseitigen Besuchen, anfangs sehr mühsam
über die Dörfer und manchmal sehr abenteuerlich. Jetzt flutscht es fast immer bei gut
ausgebauten Straßen und Autobahnen.
Ja, im Rückblick war es trotz aller Schwierigkeiten im Alltag eine schöne, aufregende und
interessante Zeit, damals die Jahre 1989, 1990 und so weiter.
Der 3. Oktober 1990 war und bleibt für mich persönlich, aber auch als Deutscher ein
Glückstag mit tollen Erinnerungen und der Bestätigung meiner inneren Überzeugung: Wir
sind ein Volk in Einigkeit und Recht und Freiheit. Und so soll es bleiben, am 30. Jahrestag
der Wiedervereinigung und weit darüber hinaus.
Herzliche Grüße und eine gute Zukunft aus Bergen im Landkreis Celle wünscht
Ihr und Euer
Rainer Prokop